Aera Solaris: Im Zeichen des Phönix ist als Settingbeispiel zum Thema Weltenbau von Superversen im Supers! Regelwerk enthalten.
Zu diesem Setting ist auch ein Abenteuer erschienen.
Wir stellten uns die Frage, was man denn alles Schönes mit Supers! anfangen könnte und hatten ein kleines Problemchen: Wir hatten so verdammt viele Ideen, was man denn machen könnte, dass wir nicht wussten, wohin damit. Wir haben nicht vor, Euch unsere Ideen vorzuenthalten. Warum auch? Wäre ja schade drum. In regelmäßigen Abständen werden wir hier auf der Homepage »Teaser« für weitere Supers!-Settings veröffentlichen. In Struktur und Umfang entsprechen diese ungefähr den Setting-Kapitelchen im GRW.
von Werner H. Hartmann
… damit seit mehr als 30 Tagen ohne jede Nachricht von oder über die Jeon-Morrison- Expedition zur Erforschung der neu endeckten Höhlenkomplexe im Quellgebiet des Katun. Das letzte Basislager nördlich des Markakol erscheint in unseren Satelliten- und Drohnenaufnahmen inaktiv und verlassen. Das Gebiet liegt im Altaigebirge außerhalb der Sperrzone Kasachstan, zeigt aber in jüngster Zeit eine signifikante Zuwanderung von aggressiver Neofauna auf. Gleichzeitig häufen sich Hinweise auf eine größere Operation der Constellation Stiftung – und damit Excalibur Industries – innerhalb dieser Region, weshalb die Kommission zur Entsendung einer geeigneten Glaive rät. Die Beteiligung von Siegelträgern auf Seiten von Excalibur gilt dabei als hochwahrscheinlich, so dass eine Glaive mit entsprechender Einstufung zum Einsatz kommen sollte. Zusätzlich empfohlene Qualifikationen: speleologische Felderfahrung, HAZMAT-Training, Kenntnisse in Russisch, Kasachisch oder Mandarin. [Zeichen: CA-23 ELECTRICPURPLE-004961]
aus einem abgefangenen interner Lagebericht des Club Geneva
Die Zukunft erscheint düster, doch nicht jedes Licht am Ende des Tunnels ist ein entgegenkommender Zug – und Aera Solaris handelt von einer Zeit des Lichts, die nach über einem Jahrhundert voll potentiell apokalyptischer Katastrophen endlich im frühen 23. Jahrhundert angebrochen zu sein scheint. Doch dieser Anfang erfolgt im Schatten bedrohlicher Trümmer der alten Welt und bedeutet nicht bloß die Geburt ungeheurer neuer Möglichkeiten, sondern auch die Entdeckung bisher unbekannter Gefahren. Während die Meeresspiegel stiegen und die Gletscher schmolzen, versanken nicht nur die Prunkbauten ganzer Nationen, sondern es wurden auch längst vergessene Schätze und Zeugnisse uralter Kulturen freigelegt.
200 Jahre nach unserer Zeit blickt die Menschheit bereits aus einigen Generationen Entfernung auf das sogenannte Jahrhundert der Apokalypse zurück, das schon vor Mitte des 21. Jahrhunderts begann und in dem der Planet nicht nur von den verheerenden Folgen einer von Massenaussterben und politischen Unruhen begleiteten Klimakatastrophe überzogen wurde, sondern in dem auch unsere gesamte technische Zivilisation durch einen gewaltigen, von mächtigen Sonneneruptionen begleiteten Magnetsturm direkt zu Beginn des 22. Jahrhunderts kurz vor der Auslöschung stand. Allerdings sehen so manche Historikerinnen und Historiker in eben diesen Wellen der globalen Vernichtung technischer und sozialer Strukturen ein wesentliches Element des nachfolgenden Wiederaufbaus, in dessen Folge die Menschheit endlich eine Chance haben könnte, die Nationalismen und Weltkriege ebenso hinter sich zu lassen wie die mörderische Ausbeutung des Planeten und seiner Geschöpfe: Während riesige Areale der Erde der Natur zurückgegeben und heroische Anstrengungen zur Begrenzung der verursachten Schäden unternommen wurden, erwies sich die endlich voll entwickelte Fusionstechnologie als Schlüssel für die bisher nur einer kleinen Elite zugänglichen Schätze des Sonnensystems. Aber obwohl Terra, wie die Erde nun oft genannt wird, inzwischen praktisch frei von Hunger, Seuchen und den schlimmsten Auswüchsen existenzbedrohender Armut ist, so hat die gierige Hand des Menschen dem Planeten doch schwere Wunden zugefügt: vergiftete Wüsten und Ödlande überziehen genauso ganze Landstriche wie neue, von genmanipulierter Neofauna und unberechenbarer Nanotechnologie geprägte Dschungel und Urwälder, in denen nicht selten Kriminelle und Überbleibsel der vielen Sekten und Kulte aus dem Jahrhundert der Apokalypse Zuflucht finden. Ein ähnlich bedrohliches Erbe bilden die – vor allem in einigen autonomen Stadtstaaten und jenseits der Erdatmosphäre beheimateten – noch immer existenten Ultra-Reichen und ihre acht Giga-Konzerne, die »Acht Alten«, welche sich nach wie vor als die wahren Herrschenden des Universums betrachten und deren erheblicher Einfluss nach wie vor bis an die Grenzen des erforschten Sonnensystems reicht! Der Einfluss dieses Geldadels und der ihm zu Gebote stehenden Technologien hat unter anderem so weit geführt, dass manche Forschende die Menschheit auf dem Weg zu einer biogenetischen Aufspaltung sehen, die bereits in den Ansätzen zu eigenen Erblinien von etwa besonders umweltresistenten oder an niederige Schwerkraft angepassten Familien zu finden sei. Aber auch in den Reihen derjenigen, die ursprünglich vor allem gegen industrielle Ausbeutung, Ungleichheit, Ausrottung und Umweltverschmutzung zu Felde zogen, entstanden neue Strukturen, wenn auch politischer Art, deren gnadenlos einer ideologischen und ökologischen »Reinheit« verpflichteten Abkömmlinge immer noch ganze Nationen – speziell in Asien und Ozeanien – beherrschen. Während im kontinentalen Ostasien vor allem kleine, oft sehr aggressive anti-technologische Stammesgemeinschaften diverse Wildnisregionen kontrollieren, bildet insbesondere Australien das gnadenlos kalte Herz eines militaristisch-xenophoben Polizeistaates, in dem erst Ende des 22. Jahrhunderts einige vorsichtige Reformen eingeleitet werden konnten.
Auf weltpolitischer Ebene dominieren definitiv die fünf über Fusionstechnologie verfügenden Großmächte, die nach der Schlüsselressource des 23. Jahrhunderts benannten Iridium5, und der Staatenbund der GEO – der Global Ecosphere Organization – das wirtschaftliche und politische Geschehen, welches wiederum im Rahmen der sogenannten Terranischen Verträge abläuft, die vor allem im Geiste einer Abkehr von den ökonomischen und ökologischen Fehlern der Vergangenheit formuliert wurden. Dennoch ist die GEO, die keine eigenen Militär- oder Polizeikräfte besitzt, weit von einer echten Weltregierung entfernt, was sie leicht zu einem zahnlosen Tiger machen könnte. Dass dies nicht geschieht, liegt nicht nur an der auffälligen Geschlossenheit, mit der die I5 bisher die GEO unterstützt haben, sondern an einem vielleicht noch wichtigeren, wenn auch weniger öffentlichen Machtfaktor: dem oft nur als Genfer Gesellschaft bezeichneten Club Geneva. Diese private Vereinigung ist eine hochangesehene gemeinnützige Organisation, die sich offiziell »nur« der Förderung der Wissenschaft und dem Fortschritt und Fortbestand der Menschheit widmet. Natürlich überschätzen die üblichen Verschwörungstheorien den Einfluss des Clubs ebenso wie das Ausmaß seiner selbstgesteckten Ziele, aber zugleich wissen alle politisch Gebildeten und Interessierten überall im Sonnensystems in den 2220er Jahren, dass bestimmte Personen im Dienste des Clubs immer wieder an kritischen Brennpunkten in Erscheinung treten, um das Geschehen im Sinne der Genfer Gesellschaft – und das heißt vor allem im Geist der Terranischen Verträge und der GEO – zu beeinflussen. An dieser, immerhin noch sichtbaren Oberfläche enden die Aufgaben und Möglichkeiten des Clubs damit scheinbar auch, doch darüber hinaus gibt es einen Schauplatz des Weltgeschehens, den viele als bloßes Gerücht ansehen, dessen Bedeutung aber wohl viele auch zu ihrem Bedauern unterschätzt haben: Denn seit einigen Jahrzehnten kommt es überall auf Terra immer wieder zu mysteriösen Funden zuvor nie gesehener Artefakte, die vor allem durch verschwundene Gletscher, beschleunigte Erosion und klimabedingte Veränderungen des Meeresspiegels freigelegt wurden. Die Seltsamsten und wohl Wichtigsten dieser Relikte einer unbekannten Kultur werden als Siegel Salomons bezeichnet. Diese ansonsten völlig inerten geometrischen Körper sollen in einigen wenigen Menschen bizarre Reaktionen auslösen, welche von leichten Halluzinationen bis zu größenwahnsinnigen Psychosen reichen – nur, dass gewisse »gut informierte Kreise« darin bloße Schutzbehauptungen sehen. In Wahrheit sollen manche, als Siegelbewahrende bekannte Menschen durch den Kontakt mit diesen Objekten ganz neue, bis in übermenschliche oder gar übernatürliche Bereiche gehende Fähigkeiten erhalten haben! Gruppen wie der Club Geneva – genauso wie einige der Militärs und Sicherheitsdienste der Irridium5 und der Acht Alten – beschäftigen angeblich ganze Gruppen solcher Siegelbewahrenden, wobei manche der als Herolde bezeichneten Agentinnen und Agenten des Clubs sogar sogenannte Großsiegelbewahrende, also im Besitz wahrhaft übernatürlicher Kräfte sein sollen! Das Erscheinen einer derartigen Machtquelle hat zu einer ständig steigenden Dynamik und Unruhe in praktisch allen internationalen Beziehungen geführt, egal, ob es sich um Politik, Wirtschaft, Militär, Wissenschaft und Technik oder organisierte Kriminalität handelt. Nach neuen Exemplaren der Siegel wird mittlerweile ebenso fieberhaft gesucht wie nach Erkenntnissen über ihren Ursprung und ihre eigentliche Funktionsweise. Eine Suche, die nicht nur in die gefährlichsten und entlegensten Orte des Planeten führt, sondern immer häufiger hinaus in das übrige, erst zu geringen Teilen erschlossene Sonnensystem ‒ und vielleicht bald schon darüber hinaus!
Aera Solaris ist inspiriert von den optimistisch-futuristischen Visionen der 1960er und 1970er, wobei die Protagonistinnen und Protagonisten, die Herolde des Club Geneva, im Stil von Super-Agenten wie James Bond, den TV »Avengers« (»Mit Schirm, Charme und Melone«) und dem »Mission Impossible« Team gemischt mit neueren Beispielen wie »Agents of S.H.I.E.L.D.«, in denen die Agentinnen und ihre Gegner teilweise Zugriff auf übermenschliche Kräfte haben. Hierzulande weniger bekannt, aber sehr passend ist auch die britische TV-Serie »The Champions« über Agenten, die über psionische Fähigkeiten verfügen und zufällig für eine UN Organisation in Genf arbeiten. Die geheime Welt der paranormalen Kräfte der Siegelbewahrer hingegen weist Elemente von Filmen wie »Jumper«, »Push« oder der TV Serie »Impulse« auf
Der »Realismus« der Abenteuer einer Glaive, wie die Teams der Herolde des Clubs genannt werden, folgt den medialen Vorbildern, d. h. während die Agentinnen regelmäßig filmreife Kämpfe und Action-Szenen bestehen und über offenbar übermenschliche Kräfte verfügen, sind sie dennoch prinzipiell sterbliche Menschen und sollten weit entfernt von den kollabierenden Innenstädten und geworfenen U-Booten »echter« Superhelden bleiben.
Aera Solaris zieht viel Inspiration aus Film- und Fernsehserien – und das gilt auch für den Grad der Kontinuität der Abenteuer: Da die Herolde meist einem konkreten Auftrag folgen, sind kurze »Schurken der Woche« Geschichten ebenso möglich und angebracht wie mehrere Sitzungen umfassende Langzeitmission oder ein sich durch verschiedene Abenteuer entwickelnder übergreifender Handlungsbogen einer ganzen »Season«, in dessen Rahmen vielleicht eine ganz spezielle Gegnerin entlarvt und schließlich besiegt wird.
Gekoppelt an den gemäßigten »Realismus« von Aera Solaris bewegt sich das Machtniveau von Herolden meist irgendwo zwischen Groschenroman und Superheld – je nachdem, ob das Team Siegelbewahrende, vielleicht sogar Großsiegelbewahrende beinhaltet oder nicht. Da Technik, Ausbildung und Waffen dennoch eine tragende Rolle bei diesen Abenteuern spielen, empfiehlt es sich weiterhin einige der entsprechenden Stellschrauben für mehr Details einzustellen und die Erschaffungspools demgemäß anzupassen
Der durchgehend eher optimistische Ansatz von Aera Solaris sollte sich einer relativ deutlichen, wenn auch nicht comic-haften Schwarz-Weiß-Malerei hinsichtlich der Heldinnen und Gegner der Geschichten wiederspiegeln. Auch wenn die Hinterleute des Clubs gewiss keine Engel sind, so ist der Club doch überwiegend ein Werkzeug des »Guten« – und auch wenn Paranoia, Spionage, Verrat und Korruption natürlich ihren Platz in Agentenabenteuern haben, so sollte eine Glaive gemeinhin durch Teamgeist oder sogar Freundschaft geprägt sein!
Die stärksten und ungewöhnlichsten Kräfte der Herolde und ihrer Gegner basieren stets auf den mysteriösen Relikten, die als Siegel Salomons bezeichnet werden. Aber gerade wenn es um die Fähigkeiten der Gegenspielerinnen oder gar »Monster« geht, kommen natürlich auch experimentelle Technologien, biogenetische Manipulationen, Umweltgifte, Mutationen oder bizarre Lebensformen der Neofauna in Frage!
Obwohl die Siegel Salomons einigen Menschen und insbesondere den Großsiegelbewahrenden enorme Kräfte weit jenseits der sonst durch Technik oder Training verfügbaren Möglichkeiten verliehen haben, betrifft dies bisher nur sehr wenige Individuen. Anders als »echte« Comic-Superheldinnen sind die meisten Siegelbewahrenden dazu nicht nur immer noch recht sterblich, wenn man etwa die Schlagkraft moderner Waffensysteme in Betracht zieht. Bedenkt man weiterhin, dass nahezu alle bekannten Siegelbewahrenden in den Diensten diverse militärischer oder nachrichtendienstlicher Organisationen stehen, so wird deutlich, dass der offene und unmittelbare Einfluss ihrer Kräfte auf das Weltgeschehen eher gering ist – auch wenn natürlich die indirekten Effekte ihrer Taten durchaus weitreichende Effekte in Politik und Wirtschaft haben können!
Da selbst die meisten Siegelbewahrenden keine Superhelden oder Schurken mit geheimen Identitäten und Masken sind – selbst wenn für Organisationen arbeiten, die sie bis zu einem gewissen Grad gegenüber normalen zivilen Autoritäten abschirmen können –, sind sie für ihr Handeln stets jemandem gegenüber verantwortlich und müssten meist mit schwerwiegenden Konsequenzen rechnen, wenn sie sich etwa willkürlich als Richter und Henker aufführen würden. Selbst die Großsiegelbewahrenden unter den Herolden des Clubs sind zuerst und vor allem Agentinnen des Clubs Geneva – und zumindest bisher scheint der Club nie gravierende Probleme mit der Disziplin oder Disziplinierung seiner Mitarbeitenden gehabt zu haben.
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